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Online Educa 2014: Inspirierend und mitreißend

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Online Educa 2014

Einmal im Jahr treffen sich die Professionals der E-Learning-Branche in Berlin zur OnlineEduca, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feierte. Diese Konferenz ist keine wie jede andere, was man schon beim Eintreffen spürt: Hier trifft sich eine Community, hier ist jede ein Experte und bereit, sein Wissen und seine Erfahrung zu teilen, sich der Diskussion zu stellen.
In diesem Jahr hatten sich mehr als 2300 Teilnehmer aus über 100 Ländern auf den Weg nach Berlin gemacht und sind mit Sicherheit nicht enttäuscht worden.

Aida Opoku-MensahWas waren die Highlights? Im Open Plenary eröffnete Aida Opoku-Mensah aus Äthopien von der United Nations Economic Commission for Africa die Veranstaltung. Sie betonte, dass Technologie manchmal der einzige Weg ist für die Menschen in Afrika – und hier insbesondere für Frauen – um Lernen zu ermöglichen. Zwei Botschaften an dieser Stelle von mir: Nur 50 % der Weltbevölkerung haben überhaupt Zugang zum Internet. Und Frauen können (im Durchschnitt) Schulen und Universitäten nicht so lange besuchen wie Männer. Da gewinnt die Diskussion um „Digital Divide“ eine andere Bedeutung. Wenn Informationen Macht bedeuten, dann ist diese auffällig ungleich verteilt.

Howard RheingoldHoward Rheingold, Author, Editor and Educator, USA, spricht später über Social Media and Co-Learning. Sind das wieder nur neue Worte für längst Bekanntes oder Vergessenes? Gleich zu Beginn stellt er klar:

„Without my Pedagogy the technology wouldn’t be so successful.“

Thank you, Howard 😊. Da werden viele Pädagogen aufgeatmet haben. Aber so einfach macht er es nicht: Lernen beutet für ihn den Lerner in den Mittelpunkt zu stellen, selbst-gesteuert zu lernen, zusammenzuarbeiten und kooperativ zu sein in dem Sinne, dass jeder Lerner mitverantwortlich ist für den Lernerfolg der anderen Lerner.

Dies ist einer der Grundgedanken der Veranstaltung: Man ist sich einig, dass NICHT die Technologie das Primat über das Lernen hat oder es als Allheilmittel gesehen werden kann: Sie ist ein Werkzeug, bietet Möglichkeiten an, aber ich muss als Lehrer, Dozent und Trainer auch wissen, wie es zu nutzen ist – sonst nützt es einfach nichts 😉.

Rheingold beschreibt weiter sein Verständnis eines Social Media Classroom als „to enable the group to have a voice“. Den Lernern eine Stimme geben? Sie zu Beteiligten im Lernprozess machen? Genau! Wo das nicht schon passiert, ist es längst überfällig: Be-Lernen und Vor-Lesen hat (wahrscheinlich) noch nie funktioniert. Wir müssen die Lerner ermutigen, stärker als bisher Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen und sich gegenseitig zu unterstützen. Rheingolds Lösungsvorschlag dafür sind co-learning-teams und er hat dazu eine peeragogy entwickelt (peeragogy.org). Vielleicht wird dies das Schlagwort der nächsten Jahre?

Mark StevensonAuch Mark Stevenson, Idea Generator, Author and Futurologist, UK, begeisterte die Teilnehmer mit seinen mitreißenden Gedanken zur Zukunft The Future and What to Do About It. Ganz klar benennt er das Problem und karikiert dies auch gleich:

„We have old thinking and new technology.“

So ähnlich hat es schon der Club of Rome 1979 in seinem Bericht für die achtziger Jahre „Zukunftschance Lernen“ formuliert. Dieser nennt es das menschliche Dilemma und bezeichnet damit die

„[…] Dichotomie zwischen einer wachsenden selbstverschuldeten Komplexität und der nur schleppenden Entwicklung unserer eigenen Fähigkeiten.“ (S. 25)

Harald Welzer nennt dieses Phänomen auch nachhinkendes Bewusstsein:

„Die Menschen verharren, trotz mit Händen zu greifender Veränderungsprozesse in Rolle, sozialer Lage und politischer Macht, „in ihrer Persönlichkeitsstruktur, ihrem sozialen Habitus auf einer früheren Stufe“ – nämlich auf dem Höhepunkt ihrer gefühlten historischen Bedeutsamkeit .“ (aus: Harald Welzer, Selbst Denken, S. 13)

Kurz: Wir wissen, dass nichts mehr ist, wie es war. Aber wahrhaben wollen wir es nicht. So versuchen wir weiter mit alten Methoden in der Gegenwart zu bestehen und wundern uns, warum nicht mehr alles so schön ist wie früher: wo die Studenten brav da gesessen haben und dem Vor-Leser in der Vor-Lesung die volle Aufmerksamkeit schenkten, ohne das dieser gegen eine Konkurrenz von Smartphone und Laptop zu bestehen hatte. Das der Student dabei in der gedanklichen Hängematte am Strand weilte, unterschlagen wir bisweilen gern… Die „schöne heile Welt“ ist schon längst nicht mehr. Und Mark fügt hinzu:

„We can not predict the future, but we can be ready for it.“

Interessant zu verfolgen war später die Debatte zur Frage „Data is Corrupting Education“, welche im Stile einer britischen Kongress-Dabatte geführt wurde; ein sehr unterhaltsames Format und sicher auch für den Lerneralltag geeignet. Die obige These wurde gestützt durch Hinweis darauf, dass jeder, der Daten (im Lernprozess) produziert, auch der Besitzer dieser ist (bzw. sein sollte) und darüber bestimmen kann, was mit diesen passiert. Entgegengehalten wurden diesem, dass durch Big Data (Learning Analytics) im Lernen der Lernprozess individueller gestaltet und deshalb erfolgreicher sein kann. Einig war man sich darüber, dass es derzeit eine Eigendynamik gibt und man nicht absehen kann, wohin sich das fortlaufende Sammeln und Analysieren von „Lernerdaten“ – also allen Aktivitäten rund um das Lernen – entwickeln wird. Kritisches Beobachten sei angeraten.

Is Your Classroom Facebook-Friendly? Das war der Titel meiner Session auf der OnlineEduca 2014. Gemeinsam mit Athanasios Sypasas von der University of Ioannina, Griechenland, und einem sehr interessierten Publikum diskutieren wir Fragen rund um Social Learning oder vernetztem Lernen. Der Nutzen von Lernplattformen wurde sehr kritisch hinterfragt, da diese meist nicht mehr zeitgemäß sind und ein Hin-Zu Social LMS längst überfällt ist, sofern man dem Social Web eine Alternative bieten wolle (vgl. dazu auch folgende Artikel: Wie zukunftsfähig sind LernplattformenLernplattformen werden sozial, Lern-Management-Systeme und der Anspruch der Nutzer)

Das vernetztes Lernen kein Selbstläufer ist, zeigte sich an den vorgestellten Studien (s. u.). Das Social Web stellt bereits eine Ressource im Lernprozess dar, wird jedoch nicht bewusst dafür genutzt. Und so blieb mir als Fazit die Frage an das Publikum: Are your students ready for Facebook-learning?

Und nun wollen all die Eindrücke und Ideen verarbeitet werden und ihre Einzug in den Alltag halten. Ich freue mich darauf und auf die nächste OnlineEduca!


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